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Kommunikation macht Kultur: Ein Fallbeispiel

Wie beides zusammenhängt: Ein reales Fallbeispiel

“Unternehmen sind Kommunikationen.” Das klingt sonderbar?  Verständlich, denn für die Wertschöpfung in Unternehmen werden grundsätzlich auch Maschinen, Produktionsanlagen, Werkstoffe und mehr benötigt. Dennoch ist es die Kommunikation, die das Getriebe schmiert. Sei es die zwischenmenschliche, die digitale oder die zwischen Mensch und Maschine. Unternehmen ohne Kommunikation sind kaum vorstellbar.  

 

Kommunikation verbindet die Menschen innerhalb des Unternehmens: Unternehmer, Führungskräfte, Mitarbeitende, den Betriebsrat und die Kollegen und Mitarbeiter. Sie verbindet darüber hinaus die Menschen im Unternehmen mit denen außerhalb. Sie gestaltet die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Partnern, Behörden und allen sonstigen Bezugsgruppen des Unternehmens. Ohne Kommunikation kein Unternehmen – man stelle sich bloß einen Blackout vor. 

 

Im Gegensatz zu privaten oder persönlichen Gesprächen ist die Kommunikation im Unternehmen zweckgebunden. Es geht darum, Produkte und/oder Dienstleistungen in einer definierten Qualität herzustellen und an den Markt beziehungsweise an die Kund:innen zu bringen. Deshalb fließt die Kommunikation im wesentlichen entlang der Prozesse. Manchmal wie ein Strom, und manchmal wie ein Rinnsal. Unternehmer:innen und ihre Mitarbeitenden nehmen das oft völlig unterschiedlich wahr. Während mir Unternehmer:innen berichten, dass sie sehr viel Zeit in den Austausch mit ihren Mitarbeitenden investieren, höre ich von Mitarbeitenden Aussagen wie “Wir wissen nicht, wo das Unternehmen hinsteuert.” 

 

Lesen Sie dazu das folgende reale Beispiel:   

Das Auftragsvolumen stieg während der Pandemie um 25%! Es läuft gut - zu gut???

„Unsere Mitarbeiter machen Überstunden. Das will ich nicht. Sicher, der Arbeitsdruck ist hoch, aber das können wir im Moment nicht ändern. Andererseits bin ich auch überzeugt, dass unsere Mitrbeiter:innen schneller fertig sein könnten, wenn sie sich besser organisieren würden. Jedenfalls möchte ich nicht, dass sie leiden. Wenn Ihre reguläre Arbeitszeit um ist, sollen sie nach Hause gehen und Zeit mit ihren Familien verbringen können.“

 
Der Unternehmer betreibt sein Unternehmen seit mehr als 25 Jahren. Begonnen hat er als Partnergesellschaft mit 2 Inhabern plus einer Mitarbeiterin. Heute gibt es drei Gesellschafter und 100 Mitarbeitende. Eine in jeder Hinsicht beachtliche unternehmerische Leistung.
 
Die aktuelle Nachfrage führt zu hohem Arbeitsdruck. Ein Ende ist nicht in Sicht, zumal es im regionalen Einzugsgebiet keine wirklichen Wettbewerber gibt. Die Mitarbeiter beklagen den hohen Arbeitsdruck, obwohl niemand von ihnen erwartet, dass sie Überstunden machen. Um die Mitarbeitenden nicht über Geführ zu belasten, werden Kunden sogar weiterverwiesen.

Wenn die Fürsorge nicht wirkt wie gewünscht ...

Die Geschäftsleitung macht immer wieder deutlich, dass die Gesundheit und die Zufriedenheit der Mitarbeiter Vorrang haben. Die Vergütung ist deutlich über dem Branchendurchschnitt, ein angenehmes Ambiente und modern gestaltete Räume für Pausen und Teamevents sowie kostenfreie Getränke zeugen davon, dass der Mensch hier tatsächlich im Mittelpunkt steht.

 

Dennoch ist die Stimmung getrübt. Eine Mitarbeiterin formuliert es so: Das Problem ist die Kommunikation der Kunden. Diese hätten überzogene Ansprüche und Erwartungen. Doch obwohl die Geschäftsleitung ihren Mitarbeitern den Rücken stärkt, seien diese nicht in der Lage, sich zur Wehr zu setzen und ihren Standpunkt zu behaupten.

 

Was liegt da näher als ein Kommunikationstraining für die Mitarbeiter? Auf den ersten Blick scheint das plausibel. Doch angenommen, das Problem liegt tiefer? Was wäre, wenn die Mitarbeiter kommunikativ sehr wohl in der Lage wären, sich verbal zu wehren, aber nicht sicher sind, ob sie tatsächlich die Rückendeckung der Geschäftsleitung haben, wenn dadurch Kunden vergräzt sind? Oder, wenn sie einfach nicht sicher sind, wie weit ihre eigene Verantwortung reicht und wo die der Kunden beginnt? Wenn sie sich nicht abgrenzen können, weil sie glauben, buchstäblich alles geben zu müssen – auch auf Kosten des eigenen inneren Gleichgewichts?

 

In diesem Fall würde ein Kommunikationstraining wenig nützen, denn es handelt sich um einen klassischen Rollenkonflikt. Der lässt sich jedoch nicht wegtrainieren, sodern kann nur dadurch aufgelöst werden, dass die Ursachen ermittelt und anschließend beseitigt werden.

Symptom oder Ursache?

Das Beispiel zeigt: Neben dem offenkundigen Thema kann es ein oder mehrere weitere Themen geben, die unter der Oberfläche schlummern. Sei es, weil sie nicht bewusst als Probleme identifziert wurden, oder weil es sich um Tabus handelt, die niemand anpricht. In beiden Fällen ist jedoch das Symptom nicht identisch mit der Ursache. Ähnlich wie Kopfschmerzen, die von Übermüdung, einer aufziehenden Erkältung, körperlichen Verspannungen herrühren können.

 

Kopfschmerztabletten helfen natürlich in vielen Fällen, aber sie töten keine Grippeviren, sorgen nicht für ausreichenden Schlaf und können Stress nicht vorbeugen.  Wenn wir dauerhaft gesund leben wollen, müssen wir nicht nur akute Schmerzen bekämpfen, sondern unsere gesamte Lebensführung darauf ausrichten. Übertragen auf Unternehmen bedeutet das, dass zuerst geklärt werden sollte, wo die tatsächlichen Probleme liegen, bevor man zu Maßnahmen greift. Das geht am einfachsten in einem Unternehmensklima, in dem ein offener Austausch ausdrücklich erwünscht ist und nicht als hinderlich oder bremsend empfunden wird.  

 

„Wer viel weiß, stellt die richtigen Fragen!“ (Sabine Christiansen)

Im oben beschriebenen Beispiel gibt es zwei Symptome: Überstunden und der Stress, der durch schwierige Kundengespräche entsteht. Beides wird als belastend empfunden.

 

Beide Symptome können – müssen aber nicht zusammenhängen. Unklar ist zunächst auch, wodurch sie hervorgerufen werden. Ohne tiefer gehende Analyse lässt sich deshalb auch nicht sagen, wie der Lösungsweg aussehen kann oder sollte.

 

Angenommen, die Mitarbeiter:innen erhielten ein Kommunikationstraining, aber im Grunde ist das Kommunikations-Problem nur ein vorgeschobenes, so genanntes „Präsentationsproblem“? Was, wenn die freiwilligen Überstunden mit einem Überbleibsel aus der Zeit des Unternehmensaufbaus herrühren, in der man von den Kolleg:innen schräg angesehen wurde, wenn man pünktlich nach Hause ging, obwohl andere noch nicht fertig waren mit ihrer Arbeit?

 

In diesem Fall steht das Kommunikationsproblem wahrscheinlich nur stellvertretend für ein tiefer liegendes, kulturelles Thema. Eines, das vielleicht nicht bewusst ist – oder das als heißes Eisen gilt, das man lieber nicht anfasst. 

 

Es liegt auf der Hand, dass zur Klärung beide Ebenen betrachtet werden müssen, denn Kommunikation und Kultur wirken zusammen. 

 

Keine voreiligen Schlüsse

Wenn es so wäre, könnte ein Kommunikationstraining zwar sehr wohl die kommunikativen Fertigkeiten der Mitarbeiter:innen verbessern.  Dadurch könnte auch die Kommunikation mit den Kunden besser werden. Doch das eigentliche Problem würde dadurch nicht gelöst. Denn es liegt nicht auf der Ebene der Fähigkeiten, sondern auf der Ebene der Werte, Einstellungen und Glaubenssätze. Und diese lassen sich vor allem durch Einsicht der Betroffenen selbst verändern, nicht aber durch Trainings.  

 

Es wäre also gut möglich, dass sich durch ein Kommunikationstraining überhaupt nichts ändert. Zum Beispiel im Falle, dass das Kommunikationsproblem nur als Ventil für das tiefer liegende kulturelle Thema dient. Da Systeme immer die Tendenz zeigen, sich selbst zu erhalten, wäre es sogar gut möglich, dass die Mitarbeiter:innen weiterhin über schwierige Kunden klagten. Und dass sie auch weiterhin Überstunden machten.

Die menschliche Wahrnehmung funktioniert so, dass wir am ehesten sehen, was wir kennen. Das ist an und für sich nichts Tragisches. Dennoch verengt die Fixierung auf das Bekannte oftmals das Blickfeld. 

 

Interessanter als das, was wir wissen, ist oft das, was wir nicht wissen. Verborgene Informationen, die irgendwo gebunkert sind – sei es in einzelnen Köpfen oder in einzelnen Ordnern im Rechner. 

 

Damit sich eine Organisation oder eine Unternehmenskultur weiterentwickeln kann, muss dieses verteilte Wissen gehoben werden. 

 

„Ich glaube, es ist verlockend, wenn das einzige Werkzeug, das man hat, ein Hammer ist, alles zu behandeln, als ob es ein Nagel wäre.“

Wichtigste Voraussetzung: Vertrauenswürdigkeit

Eine wirksame und nachhaltige Lösung kann also nur gefunden werden, wenn Klarheit darüber herrscht, wo der Hund tatsächlich begraben liegt.  Der erste Schritt hierzu ist ein offener Austausch in einer wertschätzenden Atmosphäre. Dadurch entsteht Klarheit über die vorhandenen Sichtweisen, Meinungen und die gegenseitigen Erwartungen. Die betroffenen Mitarbeiter:innen haben die Möglichkeit, ihre Anliegen anzusprechen.

 

Was einfach klingt, ist nicht immer leicht, denn in der zwischenmenschlichen Kommunikation spielen feine Nuancen eine große Rolle. Sobald Menschen befürchten müssen, dass ihnen Nachteile entstehen, wenn sie ihre Meinung sagen, sind sie in Habachtstellung. Schließlich geht es um den Arbeitsplatz und um die Arbeitsatmosphäre – also um die Existenz.

 

Die Unternehmensleitung sollte daher glaubhaft darstellen, dass es um eine Weiterentwicklung der Organisation geht, und dass die Mitarbeiter:innen eingebunden werden.

Der erste Schritt zur Lösung: Gemeinsam das richtige Thema finden

In einem moderierten Austausch kommen alle zu Wort und es wird sichergestellt, dass nichts Wesentliches übersehen wird. Das schafft Klarheit darüber, wie die Betroffenen die Themen einschätzen, die während der Informationssuche an die Oberfläche gespült werden. Weil die menschliche Wahrnehmung immer subjektiv ist, wird es unterschiedliche Sichtweisen geben – ebenso wie unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse.

 

Die Diskussion bringt nicht nur Unterschiede, sondern auch die Gemeinsamkeiten ans Licht. Also, wer welche „Schmerzen“ hat, wo es einheitliche Meinungen gibt und wo die Meinungen auseinander gehen. 

 

Daraus lässt sich ein Thema ableiten, das positiv formuliert ist und in Richtung Lösung weist. Zum Beispiel:

“Wie schaffen wir es, unserem Qualitätsanspruch gerecht zu weden UND gleichzeitig pünktlich nach Hause gehen zu können?”

Hieraus wird anschließend ein gemeinsames Zukunftsbild entwickelt. So ergeben sich automatisch die Handlungsfelder, also in welchen Bereichen etwas zu tun ist. Zuletzt werden die Maßnahmen beschlossen, die am geeignetsten und am wirtschaftlichsten erscheinen, das neue Zielbild mit Leben zu füllen.

Struktur bringt Geschwindigkeit

Ein systematisches Vorgehen scheint auf den ersten Blick vielleicht aufwändiger als ein Kommunikationstraining. Doch es lohnt sich, denn erst durch die Planung entsteht Klarheit darüber, welches Ziel mit welchen Mitteln verfolgt werden soll. Im weiteren Verlauf spart man dadurch viel Zeit und vermeidet teure Umwege.

 

Außerdem erleben die betroffenen Mitarbeiter:innen, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. Sie werden als Menschen mit Kopf, Herz und Bauch wahrgenommen und müssen sich nicht verbiegen. Ganz im Sinne von New Work und der Humanisierung der Arbeitswelt. Nebenbei fällt auch so manches Vorurteil, wenn sich Menschen näher kommen und sich besser kennen lernen.

 

Automatisch verbessern sich die Beziehungen zu den Mitarbeiter:innen. Sie werden es Ihnen danken. – Wetten?

 

Die wichtigsten Effekte im Überblick

  1. Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen an der Unternehmensentwickung beteiligen, fördern sie damit deren Motivation und Engagement. 
  2. Gerade die Generationen Y und Z erwarten, dass sie mitreden dürfen, wenn es um ihre Arbeitsbedingungen geht. 
  3. Der Austausch über den Sinn und Zweck des Unternehmens macht es allen Beteiligten leichter, an einem Strang zu ziehen – und zwar in die gleiche Richtung.

Eine Investition in Ihre Überzeugungskraft: Die eigene Vorbereitung

Man kann stundenlang über Probleme reden, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verwenden, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Das passiert vor allem dann, wenn das Ziel von Besprechungen nicht klar formuliert ist oder wenn es gar keines gibt.

 

Solche Besprechungen sind häufig Schauplatz von Kreisspielen: Man dreht Runde um Runde zum Thema, alles wurde schon gesagt – bloß noch nicht von jedem und am Ende ist man/frau keinen Schritt weiter. Das frustriert alle Beteiligten, weil:

Vorbereitung ist daher mehr als die halbe Miete. Außerdem stellen Sie sicher, dass Ihnen Ihr persönlicher Standpunkt als Unternehmer:in bewusst ist, wenn Sie den Besprechungsraum betreten. Das gibt Sicherheit und stärkt das Stehvermögen. Es entlastet Sie in der konkreten Situation, wenn Sie Ihren eigenen Spielraum im Voraus schon ausgeleuchtet haben.  Sie können sich besser auf das Zuhören konzentrieren und die Reaktionen der Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen besser erfassen.

 

Sie werden auch nicht so leicht in die Defensive geraten, wenn unerwartete oder unangenemen Themen auf den Tisch kommen. Dies ist in einer offenen Gesprächsrunde zu erwarten, denn immerhin ist die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter:innen im Grunde genommen eine Austauschbeziehung im Sinne von Zeit gegen Geld. Insofern schwingen diese existenziellen Themen mit, entweder offen oder zumindest unterschwellig. Die Gespräche laufen daher immer gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen ab. Das erfordert  Konzentration und ebenso ein gutes Emotionsmanagement. Sich vorzubereiten erleichtert beides.

FAZIT: Wer sich vorbereitet, investiert zwar Zeit vorab – vermeidet dadurch aber Fehler und teure Umwege.

Die Lösung in 5 Schritten

  1. Analysieren Sie das Problem und entwickeln Sie ein Zielbild.
  2. Machen Sie sich zur Vorbereitung noch einmal die Ziele und Rahmenbedingungen Ihres Unternehmens bewusst. Machen Sie sich auch Ihren persönlichen Standpunkt bewusst. Halten Sie Ihre Gedanken schriftlich fest.
  3. Wechseln Sie die Perspektive und nehmen Sie die Sicht Ihrer Mitarbeiter:innen ein. Finden Sie Spielräume für Kompromisse.
  4. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, deshalb: Machen Sie sich einen Kommunikationsplan. Betrachten Sie das Ganze als ein Projekt mit Zwischenschritten und Meilensteinen.
  5. Wählen Sie aktivierende Moderationsmethoden, die einen Austausch auf Augenhöhe sicherstellen. Holen Sie sich Unterstützung von außen, wenn Sie hier noch unsicher sind, oder wenn Sie Ihre Rolle als Unternehmer nicht mit der Moderatorenrolle vermengen wollen.  

Das sind Ihre Vorteile: 

Ich wünsche Ihnen gute Erkenntnisse und natürlich viel Erfolg!

 

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Ihre
Ursula Schulz